Arbeitsgruppe 6

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Arbeitsgruppe 6:
Umgang mit nicht versicherten EU-BürgerInnen, vor allem Roma

Referenten: Kenan Emini vom Roma Center Göttingen und aktiv in der Kampagne „alle bleiben“ (www.alle-bleiben.info)
Oliver Ongaro Sozialarbeiter beim Projekt eastwest vom Obdachlosenmagazin „Fiftfifty“ (www.fiftyfifty-galerie.de)
Zuerst erzählte Oliver Ongaro über seine Erfahrungen bei Eastwest. Das Projekt entstand als Reaktion darauf, dass nach der EU-Erweiterung immer mehr rumänische Staatsbürger kamen um das Straßenmagazin zu verkaufen. Sie wurden in der Sozialberatung und den Verkauf aufgenommen, aber die Probleme unterschieden sich sehr stark vom bisherigen Fiftfifty-Klientel. Vor allem in Bezug darauf, dass viele Familien mit Kindern plötzlich auf der Straße lebten, geringe Deutschkenntisse vorhanden waren und sind, und es kaum Möglichkeiten zur Integration und Weitervermittlung ins deutsche Hilfesystem gibt. Die Leistungen von eastwest umfassen:
– Informationen zum bestehenden Hilfesystem
– Hilfe bei Wohnungslosigkeit
– Informationen zu Gewährung und Erhalt von Leistungen
– Informationen zu rechtlichen Fragen beim Aufenthalt in Deutschland
– Beratung und Begleitung zu deutschen Einrichtungen
– Zugang zu medizinischer Versorgung
Eastwest hat inzwischen ein eigenes kleineres Ärztenetzwerk, arbeitet aber auch eng mit dem MediNetz von STAY! zusammen. Es gab Gespräche mit dem Sozialamt und es wird versucht Krankenhilfeanträge zu stellen, diese werden aber nicht bearbeitet und die Situation bleibt sehr schwierig.
Viele der hauptsächlich rumänischen und slowakischen Klienten sind Roma. Die Diskriminierung im Heimatland und hier, der oft geringe Bildungsstand und die kulturellen Unterschiede erfordern es, dass sich die Mitarbeiter besonders darauf einstellen in der Arbeit mit den Menschen.
Dann erzählt Kenan Emini über seine Arbeit im Roma Center Göttingen. Er erzählt über einige wichtige Faktoren in der Roma-Kultur, wie der starke Zusammenhalt der Familie, ihre eigene Sprache und ihr Glauben. Ihm ist es wichtig, dass die Roma in Deutschland, vor allem die Kinder nicht assimiliert werden, sondern ihre Kultur und Sprache erhalten bleibt und gefördert wird, da die Roma nur sich haben und in kein eigenes Land. Es entsteht eine Debatte mit der Gruppe über das Verständnis von Integration. Es können praktische Fragen gestellt werden. Zum Beispiel fällt es vielen auf, dass Roma immer als ganze Familien in die Sprechstunden, bzw. zu den Ärzten und in die Stationen kommen. Was viele dann vielleicht nervt, ist für Kenan ein positives Beispiel für den starken Familienzusammenhalt. Wenn einer krank ist, fühlen und gehen alle mit. Er plädiert dafür das zu akzeptieren und zu schätzen und wenn etwas stört das einfach ganz offen anzusprechen und darüber zu reden.
Im weiteren Verlauf wird viel kreuz und quer über gesetzliche Möglichkeiten der Versorgung der Menschen im deutschen Gesundheitssystem und Erfahrungen mit Roma in den Sprechstunden und im Krankenhaus diskutiert.
Das Medibüro Kiel hat im Anschluss an das Treffen noch folgendes Schulungsmaterial zur Gesundheitsversorgung für nicht-versicherte MigrantInnen und Flüchtlinge

ppt zur Fortbildung:
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/ppt_krankenhilfe_asylblg_sgb12.pdf

Reader zur Fortbildung mit weiteren Materialien zum Thema:
www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/reader_krankenhilfe_asylblg_sgb12.pdf
Arbeitserlaubnis für Unionsbürger aus Rumänien und Bulgarien erleichtert – Wortlaut Neufassung ArGV 2012
Wortlaut BGBl 15.12.2011 nur-Lese-Version
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/ArGV_RO_BG_2012.pdf

siehe auch
http://www.bundesregierung.de/nn_1272/Content/DE/Artikel/2011/12/2011-12-07-arbeitnehmer-freizuegigkeit-weiter-beschraenkt-fuer-rum-und-bul.html

Ab 1.1.2012 gilt für Unionsbürger aus Rumänien und Bulgarien

1. es entfällt die Arbeitserlaubnispflicht für Fachkräfte mit Hochschulabschluss bei entsprechend qualifizierter Beschäftigung,

2. es entfällt die Vorrangprüfung für qualifizierte Beschäftigungen, die eine Berufsausbildung in einem Ausbildungsberuf voraussetzen. Hierfür ist weiterhin eine Arbeitserlaubnis nötig, aber es wird nicht mehr geprüft, ob es für eine Stelle einen inländischen Arbeitsuchenden gibt,

3. es entfällt die Arbeitserlaubnispflicht für die Aufnahme einer betrieblichen Berufsausbildung und

4. es entfällt die Arbeitserlaubnispflicht für Saisonbeschäftigungen. Dies betrifft die in § 18 BeschV http://www.gesetze-im-internet.de/beschv/__18.html genannten Tätigkeiten: „Beschäftigung in der Land- und Forstwirtschaft, im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Obst- und Gemüseverarbeitung sowie in Sägewerken von mindestens 30 Stunden wöchentlich bei durchschnittlich mindestens sechs Stunden arbeitstäglich für bis zu insgesamt sechs Monaten im Kalenderjahr“.
Der Zeitraum der „Saison“ für die Beschäftigung „ist für einen Betrieb auf acht Monate im Kalenderjahr begrenzt.“ Die Begrenzung auf 8 Monate „gilt nicht für Betriebe des Obst-, Gemüse-, Wein-, Hopfen- und Tabakanbaus.“ In welchem Zeitraum die 8 monatige „Saison“ zB im Hotel- und Gaststättengewerbe stattfindet, kann offenbar jeder einzelne Betrieb für sich festlegen.
Diese Regelung ist somit auch für nicht beruflich Qualifizierte interessant, die nunmehr arbeitserlaubnisfrei für bis zu 6 Monate zB in Hotels und Gaststätten arbeiten können, wozu das Hotel sich dann auf eine 8monatige „Saison“ festlegen muss.

Ab 1.1.2014 gilt dann die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit, dh für Unionsbürger aus Rumänien und Bulgarien entfällt die Arbeitserlaubnispflicht ganz.
Mit einer – auch nur geringfügigen – Beschäftigung besteht das Recht auf ergänzende Hartz-IV-Leistungen, die beim Jobcenter beantragt werden (wenn es abgelehnt wird, sollte man einen Anwalt einschalten, der sich auskennt. Es bestehen sehr gute Chancen, den Prozess zu gewinnen). S. u.a.:
Sozialleistungen für Unionsbürger/innen nach der VO 883/2004
Prof. D. Frings zum Anspruch auf Krankenversicherungsschutz, Familienleistungen und Alg II, März 2012
http://www.fluechtlingsinfo-berlin.de/fr/pdf/Frings_Sozialleistungen_883-2004.pdf

Arbeitsgruppe 1:
Wie funktioniert ein Medinetz (Einstiegshilfe und Austausch zu häufigen Problemen und Fragen)

Arbeitsgruppe 2:
Anonymer Krankenschein – Stand der Dinge, Perspektive, Vergleich Modelle, Ansätze

Arbeitsgruppe 3:
Abschiebungspraxis und Aktionsmöglichkeiten am Beispiel des Düsseldorfer Flughafens

Arbeitsgruppe 4:
Möglichkeiten der Sozial- und Rechtsberatung von Menschen ohne Papiere

Arbeitsgruppe 5:
Auswirkungen der globalen Finanzkrise auf die Arbeit der Medizinischen Flüchtlingshilfen

Arbeitsgruppe 7:
Strategien und Werkzeuge zur gemeinsamen Kampagnen- und Lobbyarbeit

Arbeitsgruppe 8:
Die besonderen Herausforderungen in der Betreuung psychisch kranker Papierloser