Fünf Jahre ist es her, dass sich in Europa – erst auf der so genannten Balkanroute und wenig später im griechischen Camp Idomeni – eine der größten humanitären Katastrophen der europäischen Nachkriegsgeschichte ereignete. Vor Krieg, Terror, Gewalt, Verfolgung und Hunger geflüchtete Kinder, Frauen und Männer saßen monatelang fest – ohne ausreichende Versorgung, allein gelassen von Europa.
Die Bilder gingen um die Welt, die Erschütterung war groß – doch das von den Staaten der Europäischen Union nur kurzzeitig eingeräumte Recht zur Einreise und das sich daran anschließende Relocation-Programm griffen viel zu kurz.
Der bereits im November 2015 geschlossene „Aktionsplan zur Begrenzung der Zuwanderung über die Türkei“ und das im März 2016 unterzeichnete EU-Türkei-Abkommen sollte die Einreise von Flüchtlingen über die Türkei begrenzen – dafür wurden der türkischen Regierung Milliarden EU-Gelder gezahlt. Zugleich wurde Angst geschürt: Welle, Flut, Lawine …
Das Ergebnis: Die humanitäre Katastrophe in den Staaten an den Außengrenzen der Europäischen Union, insbesondere auf den griechischen Inseln Lesbos, Chios und Samos, verfestigte sich und schwoll an. Aber niemand wollte länger hinsehen. Große Hilfsorganisationen und internationale Freiwilligen-Initiativen leisteten Überlebenshilfe, baten, warnten, alarmierten – aber niemand wollte zuhören. Das zynische Mantra „2015 dürfe sich nicht wiederholen“ wurde so lange wiederholt, bis in den Augen eines Großteils der Europäer*innen Flüchtlinge nicht mehr Menschen waren, sondern zu abstrakten Bedrohungslagen wurden.
Auf der griechischen Insel Lesbos vegetieren aktuell rund 20.000 Menschen in einem Camp, das ursprünglich für 3.000 Menschen errichtet worden war. Rund 7.000 Minderjährigen wird dort jegliches Kinderrecht versagt. Ihre physische und psychische Gesundheit wird zerstört, bevor sie überhaupt eine Chance hatten, sich zu entwickeln und ein eigenständiges Leben zu beginnen. Auch hier versagt Europa.
Seit am vorigen Samstag die Türkei ihre Grenzen nach Griechenland und Bulgarien geöffnet hat – einmal mehr Menschen als Verhandlungsmasse missbrauchend – gehen wieder Bilder der humanitären Katastrophen auf den Inseln, auf dem Meer und im Niemandsland zwischen den Grenzen um die Welt. Und die Europäischen Union? Regiert eindimensional mit militärischer Verstärkung durch Frontex, versucht die Menschen mit Tränengas und Warnschüssen zurückzudrängen. Seit Montag exerziert die Griechische Armee Schießübungen mit scharfer Munition auf den Inseln und an der Grenze auf dem Festland.
Fünf Jahre Handlungsverweigerung und repressive Abschottungspolitik war bereits menschenrechtswidrig – was in den letzten Tagen geschehen ist, entlarvt die europäische Flüchtlingspolitik als zutiefst menschenverachtend.
Nicht in unserem Namen!
Wir fordern: Die sofortige Evakuierung der Menschen aus den Grenzgebieten in sicheres EU-Gebiet.
Die sofortige Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter von den griechischen Inseln in Deutschland und anderen EU-Ländern.
Die unverzügliche Auflösung aller Camps auf den griechischen Inseln und eine menschenwürdige erste Unterbringung auf dem griechischen Festland.
Das unverzügliche Inkraft-Setzen eines wirksamen Relocation-Programms zur Verteilung Geflüchteter auf alle Staaten der Europäischen Union und deren menschenwürdige Versorgung.
Sichere Fluchtwege für Menschen aus Kriegs- und Krisenregionen nach Europa und faire Asylverfahren für Alle.
Düsseldorf ist – wie genau wie viele andere Kommunen in NRW und im gesamten Bundesgebiet – bereit und in der Lage, Menschen aufzunehmen und zu versorgen – sofort.
Wir können und dürfen Griechenland mit dieser Aufgabe nicht allein lassen.
Es ist eine gesamteuropäische Aufgabe, unsere humanitäre Verantwortung zu leben!
Und es ist eine Aufgabe jeder und jedes Einzelnen von uns!